Doppelfüßer (Diplopoda)
Wie sehen Diplopoden aus?
Die Doppelfüßer, wissenschaftlich Diplopoda genannt, haben eine meist wurmförmige, langgestreckte Körperform. Bekannt sind sie auch als Tausendfüßer – die Tiere mit den 1000 Beinen. Aber stimmt das denn wirklich? Tatsächlich hat keine Diplopoden-Art 1000 Beine. Die Art Illacme plenipes aus Kalifornien kommt immerhin auf maximal 750 Beine, verteilt auf 192 Körperringe – und trotz der vielen Beine ist sie eine eher kleine Art mit höcstens 4 Zentimeter Länge. Ein Körperring besteht, bis auf die vordersten vier Stück, aus zwei verschmolzenen Körpersegmenten, welche auch als Diplo- oder Doppelsegmente bezeichnet werden. An jedem dieser Doppelsegmente sitzen zwei Beinpaare, daher kommt auch der Name „Doppelfüßer“.
Dieses Merkmal unterscheidet sie von allen anderen Gliederfüßern, die jeweils nur ein Beinpaar pro Segment besitzen. Am Kopf trägt der Doppelfüßer unter anderem ein Paar 7-gliedrige Antennen als Riech- und Tastorgan, eine für die Diplopoden einzigartige Kauplatte (Gnathochilarium) und wenige bis viele Einzelaugen (Ommatidien). Beim Graben wird der Kopf mehr oder weniger von einem Kopfschild (Collum) geschützt.
Ganz am Ende des Körpers befindet sich das beinlose Präanalsegment (Telson) mit den Analklappen. Übrigens sitzt hier auch die Wachstumszone der Doppelfüßer. Diplopoden wachsen also von hinten nach vorne! Somit unterscheidet sie nicht nur die Beinanzahl, sondern generell der Körperbau maßgeblich von anderen Tierarten. Auch innerhalb der Diplopoda gibt es große Unterschiede. So können die Tiere drehrund, halbrund oder stark abgeflacht sein und teilweise Knubbel oder Flügel aufweisen. Manche haben sehr gedrungene Körper mit 13 Beinpaaren, bis hin zu fadenförmigen langen Körpern mit bis zu 375 Beinpaaren. Farblich gibt es die schlichten, blassen oder die dunkel gefärbten, aber auch auffällig grün, gelb, rot oder pink gefärbte Arten. Es gibt Zwerge mit nur 3 mm Länge oder Riesen mit bis zu über 30 cm Länge. In Deutschland sind sie zwischen 3 mm und maximal 5 cm groß. Was für ein Aufgebot an Vielfalt!
Wo leben sie?
Doppelfüßer können fast überall vorkommen. Man findet sie weltweit auf allen Kontinenten, außer der Antarktis und den kalten Nordpolregionen. Sie sind in der Lage die unterschiedlichsten Lebensräume zu besiedeln, von (tropischen) Wäldern, Wiesen, Hochgebirgen, Mooren bis hin zu Wüsten. Auch in der Stadt findet man sie in Gärten, Komposthaufen, Blumenrabatten, Parks und sogar am Straßenrand! Je nach körperlicher Anpassung gibt es Tausendfüßer, die in der Laubstreu, in morschem Totholz, tief im Boden, an Bäumen, entlang von Gewässern oder direkt an der Meeresküste leben. Aber warum sieht man sie nicht, wenn sie doch überall vorkommen? Nun, sie verstecken sich am Tag an feuchten Orten, da sie sehr leicht austrocknen und sind erst in der Dämmerung oder in der Nacht auf der Oberfläche aktiv. Schau doch einmal unter Holz und Steinen nach oder wühle in der feuchten Erde im Wald oder im Garten. Du wirst bestimmt fündig! Übrigens: Die meisten Arten sind im Frühjahr oder Herbst aktiv und geschlechtsreif, aber selbst unter der Schneedecke findet man noch einige Arten. Die trockene und heiße Jahreszeit verbringen dagegen fast alle Arten tief vergraben im kühlen und feuchten Boden.
Was fressen sie?
Der Großteil der Doppelfüßer ernährt sich von abgestorbenen Pflanzen, beispielsweise Laub, Gras oder morsches Holz. Andere fressen Algen oder Pilze, selten auch Kot oder tote Gliederfüßer. Sie sind also total ungefährlich und spielen, wie die Landasseln, eine wichtige Rolle beim Abbau von Laub und Holz und bei der Bildung von fruchtbaren Böden in einem Ökosystem.
Wie verteidigen sie sich?
Sie wirken zwar auf den ersten Blick sehr hilflos, aber um sich vor Angriffen von Räubern wie etwa Vögeln, Käfern und Fröschen zu schützen, können die meisten Diplopoden stinkende, reizende oder giftige Abwehrsekrete (z. B. Blausäure) aus vielen ihrer Körperringe abgeben. Andere Tausendfüßer schützen sich zusätzlich, indem sie sich zu einer Kugel zusammenrollen.
Wie pflanzen sie sich fort?
Die Geschlechtsorgane der Weibchen (Vulven) und der Männchen (Penis) liegen immer am Vorderkörper zwischen dem 2. und 3. Körperring. Viele Männchen haben für die Übertragung des Spermas am 7. Körperring ihre Beinpaare zu komplizierten Begattungsorganen (Gonopoden) umgebildet. Die Gonopoden sind für jede Doppelfüßer-Art einzigartig geformt und spielen daher auch bei der Bestimmung eine wichtige Rolle. Bei der Paarung haben Diplopoden verschiedene, äußerst interessante Strategien entwickelt, sowohl zum Anlocken des Partners als auch zum Festhalten während der Paarung. Von der Berührung der Antennen, der Anlage von Fadenstraßen (Pinselfüßer), Lautäußerungen und Tänzen bis hin zur Abgabe von Duftstoffen, ist alles vertreten.
Was kommt nach dem Ei? Die Eiablage erfolgt im Frühling von März bis Juni und auch hier haben sich, ähnlich wie bei der Fortpflanzung, verschiedene Strategien entwickelt. So bauen die meisten Doppelfüßer spezielle Schutzhüllen, bestehend aus Seide, Erde-Kot-Gemischen oder Borsten, um die Eier vor ungünstigen Bedingungen wie Feuchte oder Trockenheit, aber auch vor Fressfeinden zu schützen. Die Embryonen brauchen meist zwischen 2 bis 3 Wochen um sich zu entwickeln. Heraus kommen Jungtiere mit drei Paar Beinen, die entweder direkt nach dem Schlüpfen in der Lage sind umherzulaufen oder erst einmal in ihrer Eikapsel oder ihren Nestern verbleiben. Es gibt also bei den Doppelfüßern Nesthocker und Nestflüchter. Wie geht es mit der Entwicklung weiter und wie kommen die Tiere zu so vielen Beinen? Durch Häutungen. Mit jeder dieser Häutungen nimmt die Zahl an Ringen und Beinen zu und somit auch die Körpergröße der Doppelfüßer. Es prägen sich immer mehr Strukturen aus, wie zum Beispiel auch die Geschlechtsmerkmale.
Neugierig geworden? Dann lies hier mehr über die einzelnen Diplopoda-Ordnungen und all ihre speziellen Eigenheiten:
Artenliste Doppelfüßer
Unsere einheimische Doppelfüßerfauna weist eine Vielfalt an Arten auf. Für Deutschland wurden im Freiland bisher ca. 150 Arten an Doppelfüßern (Diplopoda) nachgewiesen. Diese unterscheiden sich sowohl in ihrer Ökologie und Lebensweise als auch in ihrer Verbreitung. Da Doppelfüßer recht träge Tiere sind, besonders die Jungtiere, und Hindernisse wie Flüsse unüberwindbare Barrieren für sie darstellen, können…
Samenfüßer (Chordeumatida)
Wie sehen Samenfüßer aus? Bis auf die Art Haasea germanica mit 28 Körperringen, haben alle Samenfüßer-Arten 30 Körperringe. An jedem dieser Ringe tragen sie 6 Paar Borsten. Am letzten Körperring besitzen die Samenfüßer kleine Spinngriffel, die jedoch nur schwer zu erkennen sind. Mit ihnen stellen die Tiere Häutungskokons und Eigespinste her. Aufgrund des zeitlich sehr…
Schnurfüßer (Julida)
Wie sehen Schnurfüßer aus? Schnurfüßer und ganz besonders die Familie der Julidae, fallen durch ihre fast gänzlich wurmförmige Gestalt auf. Rücken-, Seiten- und Bauchplatten sind dabei nahezu vollständig zu kreisrunden Körperringen verwachsen. Diese Ringe bestehen aus zwei verwachsenen Segmenten, die durch eine Naht getrennt sind. Der Körperbau erinnert an ineinander gefügte Einschubzylinder, die ein gepanzertes…
Bandfüßer (Polydesmida)
Wie sehen Bandfüßer aus? Erwachsene Bandfüßer-Arten kann man an einer Vielzahl äußerer Merkmale erkennen. So besitzen sie alle keine Augen und mit Ausnahme der Art Brachydesmus superus mit 19 Körperringen, weisen alle anderen heimischen Arten 20 Körperringe auf. Bei den Bandfüßern sind wie bei den Schnurfüßern die Körperringe ringsum stabil verwachsen. Durch die ausgebildeten breiten…
Bohrfüßer (Polyzoniida)
Wie sehen Bohrfüßer aus? Der einzige Vertreter der Bohrfüßer in Deutschland – Polyzonium germanicum – sticht mit seiner leuchtend goldgelben bis orangenen Farbe besonders ins Auge. Der rüsselartige Kopf von Polyzonium ist klein, fast dreieckig und scheint mit den Mundwerkzeugen verschmolzen zu sein. Die Fühler sind im Vergleich zum Kopf sehr groß und dick. Die…
Saftkugler (Glomerida)
Wie schauen Saftkugler aus? Die Saftkugler können wohl als die Paradiesvögel innerhalb der heimischen Diplopoden gesehen werden. Auf schwarzer oder dunkelbraunem Grundfärbung zeigen sich Muster von roten, gelben oder hellbraunen Tupfen, Streifenzeichnungen, Sprenkelungen oder sie besitzen einfache glänzend schwarze Rückenplatten mit kontrastierenden zarten gelblichweißen Umrandungen. Der Körper der Saftkugler ist kurz und breit und besteht…
Pinselfüßer (Polyxenida)
Wie sehen Pinselfüßer aus? Aus allen Vielfüßer-Ordnungen stechen die Pinselfüßer ganz besonders hervor. Ihre Vorfahren haben sich sehr früh vom Hauptstamm der Diplopoda abgespalten, was bei der Betrachtung ihrer morphologischen Eigenheiten deutlich wird. Sie lagern beispielsweise keinen Kalk in ihre Außenhaut (Cuticula) ein, weswegen sie einen weichhäutigen Körper haben. Mit einer maximalen Länge von 3…